Die Ansiedlung der Siebenbürger Sachsen und das Andreanum




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Die 1100 Jahre der deutsch-ungarischen Kontakte Teil 3: Die Ansiedlung der Siebenbürger Sachsen und das Andreanum

Während seiner Geschichte beheimatete Siebenbürgen immer viele Volksgruppen. Laut einigen Meinungen lebten die Székler bereits vor der Landnahme im Karpatenbecken, viele rumänische Historiker führen die Ursprünge ihrer Nation gerade bis zu den Bewohnern der Provinz Dacia zurück. Es scheint mehr oder weniger sicher zu sein, dass die Deutschen sich ab dem 12. Jahrhundert in dem Gebiet niederließen.

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Obwohl es von keinem zeitgenössischen Dokument bezeugt wird, nahm nach dem heutigen Standpunkt der Geschichtswissenschaft die deutsche Besiedlung Siebenbürgens unter der Herrschaft von Géza II. ihren Anfang. Wie in vielen anderen Epochen, waren die ungarisch-deutschen Beziehungen auch damals von vielen Konflikten belastet, der deutsche König Konrad III. hätte zum Beispiel anstatt Géza gerne Boris, den Sohn der verstoßenen Braut Kolomans des Klerikers, auf dem ungarischen Thron gesehen. Er zögerte nicht, den Thronbewerber auch militärisch zu unterstützen. 1146 musste der ungarische König zuerst Pressburg von Boris zurückerobern, danach ein österreichisch-bayerisches Heer in der Schlacht an der Laitha besiegen.

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1147 kamen deutsche Truppen nach Ungarn – glücklicherweise nur als Durchreisende. Der zweite Kreuzzug nahm seinen Anfang, auch Konrad nahm daran teil. Rund 1 Million Kreuzritter durchquerten das Land, letztendlich ist es gelungen, dies ohne ernstere Zwischenfälle zu schaffen. Das Heer wurde von einem der berühmtesten mittelalterlichen Historiker, Otto von Freising, begleitet, der ein widersprüchliches Bild von Ungarn zeichnete. Der Bischof war von den paradiesischen Landschaften begeistert, aber war tief darüber empört, dass diese solche „Monster in Menschengestalt” besitzen.

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Als eines der Ergebnisse des Kreuzzugs wurde Ungarn in der westlichen Welt bekannter. Im ganzen Mittelalter galt es als gastfreundlicher Staat, im Zeichen des hospitalitas ermunterte der Hof das Kommen der Siedler ausgesprochen. Als Erstes kamen wahrscheinlich Dorfbewohner nach Siebenbürgen. Es handelte sich dabei um eine ethnisch gemischte Volksgruppe: darunter waren Flamen, Vallonen, Italiener und Leute aus verschiedenen westdeutschen Gebieten. Sachsen gehörten nicht dazu, ursprünglich wurden sie Flandrenses genannt. Die Bezeichnung „Sachse” erscheint zum ersten Mal in einer Urkunde aus 1206, sie stammt wahrscheinlich daher, dass sich die späteren siebenbürgischen Siedler, von dem Kreuzzug enttäuscht, einige Zeit bei der Elbe aufhielten.

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Die Ansiedler kamen in ihrer neuen Heimat in Gruppen an, die von Lokatoren genannten Unternehmern geführt wurden. Sie bevölkerten das spätere sächsische Siedlungsgebiet von Westen aus, zuerst ließen sie sich in der Nähe von Broos nieder. Bis zur Zeit Béla III. bevölkerten sie bereits die Umgebung von Hermannstadt, wovon auch eine Urkunde aus dem Jahr 1191 Zeugnis macht, diese Schrift erwähnt das Ecclesia Theutonicorum Ultrasilvanorum. Das Dokument, das als erstes den Namen Hermannstadt nennt, verordnet die Gründung einer selbstständigen sächsischen Propstei. Die neuen Siedler waren mehrheitlich Landarbeiter und Handwerker, aber es gab auch Adelige und Priester unter ihnen. Die führende Schicht bildeten die sogenannten Gräven, die auch im Rechtswesen und in den Beziehungen zu der Staatsmacht eine Rolle spielten. Noch im 13. Jahrhundert kamen in größerer Anzahl deutsche Bergmänner in Siebenbürgen an, unter anderem in der Umgebung von Bistritz und Roden.

Die sächsischen Siedlungen verfügten von Anfang an über eine Art von Selbstverwaltung, die Vereinheitlichung ihrer Rechte fand aber erst mit dem 1224 herausgegebenen Andreanum statt. Das Originalexemplar der auch als „goldener Freibrief” bekannten Schrift ist nicht erhalten geblieben, aber seine Anordnungen wurden im Laufe der Jahrhunderten mehrmals bestätigt, zuerst im Jahre 1317. Die Rechtsgültigkeit des Dokuments umfasste die Provinz Hermannstadt, dass heißt das Gebiet zwischen Broos und Barót, wo es eine weitläufige Autonomie für die Bewohner sicherte. Sie konnten ihre Richter und Priester, sogar den Grafen von Hermannstadt selbst wählen. Das Maß der Steuer und der Militärdienst wurden festgelegt. Die Sachsen erhielten das Markt- und Handelsrecht, die Felder und Wälder konnten sie gleichfalls frei nutzen. Der Freibrief war in dem damaligen Ostmitteleuropa einzigartig, ein ähnlich detailliertes Dokument über Siedlungsrechte ist aus der Region nicht bekannt.

István Mayer

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