Möchten Sie über ähnliche Themen erfahren?
Drücken auch Sie ein Like auf die –> Zentrum Facebook-Seite
Wetschesch wurde nach der türkischen Herrschaft im Jahre 1786 mit 50 schwäbischen Familien neugegründet. Sie haben im Jahreskreis viele Bräuchen, Sitten und Traditionen gehabt. Einige sind noch lebendig, einige sind verschwunden. Diese Traditionen waren sehr wichtig im Leben der Gemeinde und wurden von Generationen zu Generationen weitervererbt. Unser Dorf wurde neben Budapest immer größer und größer und die Einwohner waren – infolge der Assimilaton – nicht mehr nur Schwaben. Am Ende des 19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts wurde in verschiedenen Gesetzen vorgeschrieben, wie die Magyarisierung der Minderheiten schneller geschehen kann. Man sollte sich ungarisch kleiden, ungarische Motive verwenden. So war es mit dem Weinlesefest. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts ziehen die Jugendlichen ungarische Kleider an und tanzen auch ungarische Tänze. In unserer Geschichte waren große Stürme, aber diese Tradition überlebte alle. Ich habe mehrere alte Fotos aus verschiedenen Zeiten. Seit 2000 ist unser Dorf schon Stadt geworden, die Assimilation ist sehr stark, aber das Weinlesefest wird jedes Jahr organisiert.
Wie war und wie ist es noch heute? Darüber berichte ich jetzt:
Überall in der Welt sind die Menschen froh, wenn die Ernte und die Lese erfolgreich ist. Nach der harten Arbeit auf dem Acker und im Weingarten feiern sie. In Wetschesch veranstalten die schwäbischen Familien das Weinlesefest gern, weil sie sich mit der Landwirtschaft beschäftigen. Den Umzug organisieren 10-12 junge Paare. Sie suchen zwei Männer für die Rolle der Richter und eine Blaskapelle, die dann für die Musik zum Tanz sorgt. Sowohl die Mädels als auch die Burschen sind 15-18 Jahre alt. Sie erlernen einen schönen ungarischen Tanz, mit dem der Ball eröffnet wird. Sie üben natürlich auch die traditionellen Tänze wie Walzer, Polka, Masurka und Ländler.
Sie bereiten schöne, festliche, ungarische Kleidungsstücke vor. Auf dem Fest tragen die Mädels ein weißes Kleid, eine rote Weste, rote Stiefel und ungarischen Jungfernkranz. Der Stoff des Kleides ist aus Seide, die Weste ist aus Samt. Das Kleid und der Kranz werden mit nationalfarbigen Bändern und mit Perlen geschmückt.
Die Burschen haben eine weiße „Gatye” und ein Hemd an. Dazu tragen sie rote Weste, schwarzen Hut und Stiefel. Auch diese Kleidungsstücke sind mit nationalfarbigen Bändern geschmückt. Einige Burschen haben schwarze Kleidung an, sie sind die Räuber.
Der Ballsaal wird vorher mit Trauben, Äpfeln, Kipfeln, Zigaretten geschmückt. Es wird aus Herbstfrüchten ein Herbst-Kranz geformt. Diesen Kranz tragen die Mädels während des Umzugs. Das Weinlesefest wird jedes Jahr an dem ersten Oktobersamstag veranstaltet. Es geht schon am Vormittag los! Die Burschen schmücken einen Wagen, mit dem die Mädels einzeln von zu Hause abgeholt werden. Die Burschen und die Räuber reiten in der Stadt herum, um sie zu sammeln. Die Mädchen und ihre ganze Familie bereiten Kuchen und etwas zum Trinken vor. Die Eltern werden gebeten, ihre Tochter zum Ball gehen zu lassen. Alle haben gute Laune. Die Burschen knallen mit den Peitschen. Die Nachbarschaft schaut zu und alle können essen und trinken. Wenn alle Mädels gesammelt worden sind, gehen sie zu dem Haus, bei dem der Weinlesekranz ist. Die Richter kommen auch mit einer Kutsche an. Hier werden alle bewirtet und sie können sich ein wenig ausruhen. Die Blaskapelle spielt einige Stücke, um gute Laune zu machen. Hier wird der Eröffnungstanz getanzt. Danach steigen die Mädels mit dem Kranz auf dem Wagen und der Umzug geht los! Unterwegs spielt die Blaskapelle. Vor den Häusern sind viele Zuschauer. Die Stadt ist ganz laut vom Peitschenknall. So kommen sie zum Ballsaal. Auf dem Hof wird der Tanz nochmal getanzt. Danach tanzen die Mädels und die Burschen einen Walzer mit ihren Eltern. Langsam wird es dunkel. Die Burschen reiten nach Hause, um die Pferde zu füttern. Alle bereiten sich auf den Abend, auf den Ball vor. Der Weinlesekranz wird im Raum aufgehängt. Der Ball beginnt um 20 Uhr. Die Richter sitzen in der Mitte, neben einem Tisch. Von ihnen werden diejenigen bestraft, die etwas, was als Schmuck aufgehängt worden ist, zu stehlen versuchen. Die Mädels und die Burschen in Volkstracht sind die Feldhüter, sie müssen den Raumschmuck behüten.
Der Ball beginnt mit dem Eröffnungstanz. Danach können alle Gäste tanzen. Die Blaskapelle spielt die traditionellen „Wetschescher Tänze“ (Tulite, Stummel, Walzer, Ländler, Hopser, Marsch). Um Mitternacht wird der Kranz verlost. Die Gäste können verschiedene Geschenke gewinnen. Der Ball dauert bis am Morgen früh. An einem Weinlesefest teilzunehmen, ist für alle Mädchen und Burschen ein schönes Erlebnis.
Emmi Ináncsi