Möchten Sie über ähnliche Themen erfahren?
Drücken auch Sie ein Like auf die –> Zentrum Facebook-Seite
„Wer den Krieg nicht erlebt hat,
muss von den Soldatenfriedhöfen die Botschaft mitnehmen,
dass der Frieden über allem steht“
Eva Gerner erhielt Anfang November das Silberne Verdienstkreuz des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.. Die humanitäre Organisation, die sich im Auftrag der Bundesregierung der Aufgabe widmet, die Gräber der deutschen Kriegstoten im Ausland zu erfassen, zu erhalten und zu pflegen, verlieh die Auszeichnung an die ungarndeutsche Fernseh- und Radiojournalistin für ihren langjährigen Einsatz für die würdige Erinnerung an Kriegsgefallene. Die Anerkennung überreichten Johannes Haindl, Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Budapest und Verteidigungsattaché Uwe Zvonar, Oberstleutnant i.G.. Die Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen gratuliert Frau Dr. Gerner – Trägerin der Ehrennadel in Gold für das Ungarndeutschtum – mit nachstehendem Interview herzlichst.
„Familien bekommen durch Soldatenfriedhöfe einen Ort für ihre Trauer“
■ „Ich bin sehr glücklich, diese Auszeichnung bekommen zu haben. Mit dieser Ehrung werden Leute bedacht, die sich mit den Zielsetzungen des Volksbundes identifizieren und auf irgendeine Weise dazu beitragen, dass diese unmittelbar nach dem ersten Weltkrieg ins Leben gerufene, aus dem Volke entstandene Organisation, die in mehr als 40 Ländern der Welt etwa zwei Millionen Kriegsgräber betreut, diesen Aufgaben nachkommen kann. Ich habe die Auszeichnung für meine diesbezügliche journalistische Tätigkeit erhalten – dafür, dass ich mich seit 15-20 Jahren mit dem Thema deutsch-ungarische Soldatenfriedhöfe beschäftige, und eigentlich jedes Jahr mindestens einen Beitrag zu diesem Thema bringe. Ich schätze diese Organisation sehr, und ich glaube, ihre Tätigkeit ist ein sehr menschlicher Dienst: Der Verein kümmert sich darum, die gefallenen Soldaten zu finden, zu begraben, und die Familien darüber zu informieren. Sehr viele ungarndeutsche Familien haben schon vom Volksbund über verlorene Familienmitglieder Informationen bekommen. Eigentlich gibt man den Familien – wie das Herr Botschafter Haindl in seiner Rede in der Gedenkfeier im Soldatenfriedhof Fünfkirchen sagte – mit den Soldatenfriedhöfen einen Ort für ihre Trauer. In Ungarn gibt es 15 deutsch-ungarische Soldatenfriedhöfe, der größte ist in Wudersch. Dieses Jahr habe ich in Wesprim gedreht, dort liegen etwa 4000 deutsche Soldaten, und – wie in jedem deutsch-ungarischen Friedhof – auch ungarische Soldaten. In Ungarn sind 53.000 deutsche Soldaten gefallen – eine wahnsinnig hohe Zahl, und davon sind in diesen Friedhöfen etwa 45.000, es fehlen also noch ganz viele. Und immer, wenn deutsche Soldaten gefunden werden, und neben ihnen auch ein Ungar, dann wird auch der ungarische Soldat begraben: Wenn sie schon gemeinsam gekämpft haben, dann können sie auch auf dem gleichen Friedhof ruhen.“
„Kriegsgräberfürsorge ist eine Berufung“
■ „In unserer Familie ist niemand im Krieg gefallen. Es gab Soldaten in der Familie: der Bruder von meiner Oma, mein Urgroßvater war noch im ersten Weltkrieg, meine Großväter waren auch Soldaten, aber gefallen sind keine. Es war eine reine Zufallssache, dass ich mich dieser Sache angenommen habe; alles begann mit einer diesbezüglichen Nachricht, die mich erreichte. Es ist nämlich so, dass diese Friedhöfe gepflegt werden müssen, dort müssen manchmal die Grabsteine, die Wege, der Zaun repariert werden, und jedes Jahr kommt eine Reservistengruppe aus Deutschland, um diese Aufgaben zu erledigen. Vor 15-20 Jahren bekam ich also eine Einladung, dass der Soldatenfriedhof von Böhönye von einer zehnköpfigen deutschen Reservistengruppe, die die ungarische Armee durch genauso viele ungarische Soldaten ergänzt, renoviert wird. Ich ging mit meinem Kameramann hin, und das war sehr beeindruckend! Den einen Oberstleutnant werde ich nie vergessen! Sie waren gerade dabei, die Grabsteine zu schleifen, zu putzen, die darauf stehenden Namen zu korrigieren. Ich fragte ihn, ob er vielleicht Steinmetz sei oder ob er davon etwas verstehe. Er antwortete mir: ‚Nein, Steinmetz bin ich nicht, aber das, was wir machen, hat ja mit diesem Beruf auch nichts zu tun! Das ist eine Berufung. Denn schauen Sie ‘mal‘ – zeigte er auf einen Grabstein und las vor: ‚Geboren 1921, gestorben 1944. 23 Jahre hat der Kamerad gelebt, der könnte heute noch unter uns sein. Und was ist passiert? Er ist mit 23 gestorben. Was hatte er vom Leben? Und warum ist er so früh gestorben?‘ Diese Einstellung hat mich unheimlich beeindruckt, und das spricht auch die Zuschauer an.“
„Friede steht über allem“
■ „‘Soldatengräber sind die großen Prediger des Friedens.‘, formulierte Friedensnobelpreisträger Albert Schweitzer. In diesem Satz ist das eigentliche Wesen zusammengefast, und auf diesen Satz nehme ich auch immer wieder Bezug, weil ich glaube, dass dies die wichtigste Mission all dieser Friedhöfe, und auch meiner diesbezüglichen Beiträge ist. Wer den Krieg nicht erlebt hat, muss von diesen Soldatenfriedhöfen die Botschaft mitnehmen, dass nämlich der Frieden über allem steht. Aber auch diese humanitäre Pflege und Fürsorge für das Andenken dieser Opfer, diese Pietät sind wichtige Botschaften. Ich glaube, das muss man auch in den Medien thematisieren, und ich glaube, dass diese Sache das auch verdient.“
Fotos: Dr. Zsuzsanna Gerner