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Magdalena Marlok-Cservenyi mit dem Preis „Für die Nationalitäten“ ausgezeichnet

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„Die Bewahrung der schwäbischen Kultur unserer Ahnen in Schaumar
war für mich immer schon eine Herzensangelegenheit”

Magdalena Marlok-Cservenyi, Schuldirektorin i. R. unterrichtete seit 1984 in der Deutschen Nationalitätengrundschule Mátyás Hunyadi in Schaumar, wo sie zwischen 2009 und 2012 als Direktorin tätig war. Ihr Verdienst ist die Einführung des deutschen Nationalitätenunterrichts, des zweisprachigen Unterrichts, sowie die Organisierung von traditionspflegenden Veranstaltungen und Sommerlagern, aber auch die Eröffnung des Deutschen Nationalitätenkindergartens „Lustige Zwerge“. Seit 1994 ist sie Mitglied, und später Vorsitzende der Deutschen Nationalitätenselbstverwaltung Schaumar. An ihren Namen knüpfen sich Denkmäler der Ansiedlung und Vertreibung der Ungarndeutschen in ihrem Heimatort. Sie ist Mitglied des Schaumarer Frauenchors und des Ungarndeutschen Gemischtchors Sanktiwan. Sie beteiligt sich an der Arbeit vom Verband der Deutschen Selbstverwaltungen in Nordungarn e. V. (ÉMNÖSZ), ist Mitglied dessen Bildungsausschusses, und war auch als Vollversammlungsmitglied der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen. Mit der Organisierung von traditionspflegenden Veranstaltungen, Gedenktagen, Pilgerreisen, Ferienlagern und Theatervorführungen unterstützt sie die Gemeinschaft und trägt zu deren Bereicherung bei. Zwischen 2014 und 2019 war sie Vizevorsitzende der Abgeordnetenversammlung der Deutschen Selbstverwaltung im Komitat Pesth.

Es freut mich außerordentlich und es ist mir eine große Ehre, dass ich den Preis „Für die Nationalitäten 2020” erhalten durfte. Nicht einmal im Traum hätte ich je gedacht, dass mein Name überhaupt unter den Nominierten auftauchen wird. Ich bin allen, die meine Nominierung unterstützt und mich für diese Auszeichnung für würdig erachtet haben, sehr dankbar.

Ich wurde in eine typische ungarndeutsche Familie in Schaumar hineingeboren. Meine Familie hat wegen ihren deutschen Wurzeln viel gelitten. Meine Großeltern mütterlicherseits, die eine Wirtschaft hatten, wurden aus Ungarn vertrieben. Dreimal sind sie von Karlsruhe nach Schaumar zurückgeflohen, und erst nach dem dritten Versuch haben sie endlich eine Aufenthaltsgenehmigung in ihrem Heimatdorf erhalten. Meine Mutter bekam wegen unserem Wirtshaus eine Verleumdungsklage und wurde aufgrund von falschen Anschuldigungen zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, sie wurde aber zum Glück nach acht Monaten Haft rehabilitiert. Aus dem Nichts haben meine Eltern mit viel Willen und Fleiß ein neues Leben für uns aufgebaut. Von ihnen habe ich die örtlichen Bräuche, die Schaumarer Lieder, unseren Ortsdialekt und die Kraft der katholischen Religion vermittelt bekommen. Obwohl ich aus einer Bauernfamilie stamme, haben mich die Bücher immer schon gereizt, sodass ich schließlich Gymnasiallehrerin für Deutsch und Geschichte geworden bin. Ich war 40 Jahre lang als Pädagogin tätig und habe meinen Beruf geliebt. Von den 40 Jahren war ich 36 Jahre lang als Lehrerin der Unter- und Oberstufe der Deutschen Nationalitätengrundschule Mátyás Hunyadi in Schaumar angestellt, wo ich die Fächer Deutsch, Umweltkunde, Geschichte und gegebenenfalls auch andere Fächer unterrichtet habe. Ich habe mich für den zweisprachigen Unterricht an unserer Schule eingesetzt und diesen auch einführen lassen können, habe Wettbewerbe organisiert, die deutsche Arbeitsgruppe geleitet, und am Ende meiner Laufbahn war ich dann als Direktorin tätig. Seit der Gründung der Deutschen Nationalitätenselbstverwaltung 1994 war ich als Mitglied, ab der zweiten Wahlperiode bis 2019 als Vorsitzende tätig, und habe versucht, mit all meiner Kraft und all meinem Talent für die deutsche Gemeinschaft in Schaumar zu arbeiten.

Ich kann stolz behaupten, dass wir gemeinsam mit meinen Abgeordnetenkollegen in den vergangenen Jahrzehnten sehr viele schöne Ergebnisse erzielt haben. Unsere Tätigkeiten haben in unserer Gemeinschaft das Nationalitätenbewusstsein gestärkt und auch die Traditionspflege vor Ort deutlich angespornt. Eine der für mich persönlich bewegendsten, von uns organisierten Veranstaltungen war unser historischer Spaziergang zur Erinnerung an 300 Jahre Ansiedlung der Deutschen in Schaumar, an den ich mich bis heute sehr gerne erinnere. An diesem Programm nahmen um die 500 Personen in ihrer Tracht, mit ihren Familien und ihren Kindern teil. Es war ein sehr bewegender Moment, in der Kirche gemeinsam zu singen und Gott gemeinsam dafür zu danken, dass es in Schaumar trotz politischer Stürme jedweder Art immer noch Ungarndeutsche gibt, die zu ihrer Herkunft stehen. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich bei uns viel getan, ich möchte jetzt nur einige Beispiele hervorheben: Zum 50. Gedenktag der Vertreibung haben wir ein Denkmal gestiftet, zum 60. Gedenktag eine Bronzestatue mit einem Schaumarer Trachtenpaar auf dem Hauptplatz errichtet, am 70. Gedenktag konnten wir schließlich einen großen gemeinsamen Traum verwirklichen: Wir konnten am Schaumarer Bahnhof – von wo aus die Waggons Richtung Deutschland ausrollten – eine Gedenktafel zu Ehren der vertriebenen Schaumarer einweihen. 2010 haben wir einen Gedenkstein enthüllt, der an die Ansiedlung der Deutschen im 18. Jahrhundert erinnert. Die Schaumerer Deutsche Selbstverwaltung ist seit 2005 Träger des örtlichen Deutschen Nationalitätenkindergartens „Lustige Zwerge“. Zusammen mit dem Landesrat Ungarndeutscher Chöre, Kapellen und Tanzgruppen haben wir bis jetzt zehn landesweite ungarndeutsche Kindertanzfestivals organisiert, es bereitet mir eine große Freude, dass diese immer sehr gut besucht sind: um die 500 kleine Tänzer sind jedes Mal dabei. Die Reihe unserer Kinderprogramme ist aber damit noch nicht abgeschlossen, bis jetzt konnten wir bereits achtmal ein einwöchiges Volkskundelager mit dem Ziel organisieren, die örtlichen Bräuche und Werte an die Jugendlichen weiterzugeben. Mir liegen aber auch die Bewahrung der Gesangskultur und unseres Liederschatzes sehr am Herzen, ich singe mittlerweile seit etwa 20 Jahren im Traditionspflegenden Schaumarer Frauenchor und bin seit 10 Jahren aktives Mitglied des örtlichen Heimatvereins. Ich bin auch politisch engagiert und sehr stolz darauf, dass ich zwischen 1999 und 2006 zu der Arbeit der Landesselbstverwaltung beitragen konnte, und dass ich jetzt in der zweiten Wahlperiode für die Deutsche Selbstverwaltung im Komitat Pesth arbeite.

Meine unermüdliche Motivation verleiht mir meine ungarndeutsche Herkunft. Die Bewahrung der schwäbischen Kultur unserer Ahnen in Schaumar war für mich immer schon eine Herzensangelegenheit, ich habe mich immer dafür eingesetzt, dass sich unser Nationalitätenbewusstsein verstärkt, und unsere Großgemeinde, die mittlerweile um die 12.000 Einwohner zählt, von der ganzen großen weiten Welt als ungarndeutsches Dorf wahrgenommen wird.

Den nach uns kommenden Generationen möchte ich eine wichtige Botschaft mit auf den Weg geben: Unsere Welt verändert sich zwar ständig, und wenn auch die Technik immer mehr in unser Leben eindringt, und es so viele verlockende Freizeitmöglichkeiten für unsere Jugendlichen gibt, ist es jedoch gerade für sie besonders wichtig, dass sie sich mit ihrer eigenen ungarndeutschen Herkunft auseinandersetzen und diese bewusst bewahren. Sie sollten an den ungarndeutschen Veranstaltungen teilnehmen, ihre Kinder in ungarndeutsche Schulen einschreiben lassen und ungarndeutsche Gemeinschaften bilden, die die Bewahrung der örtlichen Bräuche sichern – ich denke, dass sind auch sie ihren viel gelittenen Ahnen schuldig.

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