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Im November und Dezember wird landesweit in vielen Ortschaften der Verschleppung der Ungarndeutschen zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion gedacht. Zum 80. Jahrestag der Verschleppung wollten auch wir in Metschge/Erdősmecske uns an die unschuldigen Opfer erinnern, die sich am 26. Dezember 1944 auf den Weg ins Ungewisse machen mussten.
Veronika Brunn geb. Schlapp (geboren 1926, verstorben 2017) erinnerte sich wie folgt: ,,Im Dezember 1944 bereiteten sich die Menschen auf Weihnachten und Neujahr vor. Es wurde überall sauber gemacht, man backte und kochte, zu Weihnachten gab es ein Festmahl, da kamen die Pateneltern und beschenkten ihr Patenkind. Viele Ungarndeutsche, so auch wir, verbrachten diese Weihnachtstage nicht in fröhlicher Stimmung, weil sie schon wussten, dass sie am zweiten Weihnachtstag ihr Zuhause verlassen müssen, denn sie gehen für zwei Wochen in die Batschka Kukuruz (Mais) brechen.“ Wie wir alle wissen, wurden aus diesen zwei Wochen oft mehrere Jahre, und aus der Batschka Zwangsarbeitslager in der Sowjetunion.
Frau Brunn, unsere ,Vroni néni’, ist heute leider – wie alle von der Zwangsarbeit betroffenen Metschger – nicht mehr unter uns. Sie war in Metschge die letzte, die uns noch von ihrem schweren Lebensweg erzählen konnte. Doch ein ähnliches Schicksal, wie ihres wurde auch vielen anderen zuteil. Eine konkrete Zahl aus Metschge wissen wir leider nicht, nur so viel, dass mehr als hundert Personen betroffen waren.
80 Jahre sind seither vergangen, doch das Geschehene darf nicht in Vergessenheit geraten. Aus diesem Grund haben wir die Initiative ergriffen und uns auf die Suche nach noch auffindbaren Spuren aus dem Leben der Metschger Opfer gemacht. Insgesamt konnten wir 47 Namen zusammentragen und zu 31 von ihnen auch noch Fotos und Informationen zu ihrem Leben erforschen. An dieser Stelle soll den Familien Dank gesagt werden, die uns dabei behilflich waren, denn dadurch konnte ein würdiges Ausstellungsmaterial zusammengestellt werden. Mit niedergeschriebenen Erinnerungen, Zitaten und einem in der Sowjetunion entstandenen Gedicht wurde die Ausstellung dann komplett.
Damit das Gedenken noch lebendiger wird, luden wir Judit Walter-Müller, Hauptmuseologin des Janus Pannonius Museums Fünfkirchen und Expertin des Bereichs Malenkij Robot, ein und baten sie einen Vortrag zu diesem Thema zu halten. Frau Walter-Müller ist selbst auf zweierlei Weise mit unserem Dorf verbunden: ihr Vater wurde hier geboren und die ersten Gesprächspartner in ihrer Forschungsarbeit waren Metschger. So war der Nachmittag vom 16. November für sie auf mehrfacher Hinsicht auch eine Rückkehr zu den Wurzeln.
Wie wichtig es war, an das vor 80 Jahren Geschehene zu erinnern, zeigt, dass der angekündigte Vortrag und die Ausstellung zahlreiche Menschen ins Kulturhaus, in die KulturhausGalerie Metschge, gelockt haben. Vertreter der Selbstverwaltungen und unseres Freundeskreises, Mitglieder aus dem Rentnerklub, Einwohner des Dorfes, aber auch Familienmitglieder der von der Zwangsarbeit betroffenen Personen aus Metschge und anderen Orten versammelten sich, um den Opfern zu gedenken.
Angeregte Gespräche, Erinnerungen aus vergangenen Tagen und Dankbarkeit für das, was wir von den älteren Generationen mit auf den Weg bekommen haben, lassen uns hoffen, dass wir in Metschge an einer besseren Zukunft und für eine zusammenhaltende Gemeinschaft arbeiten, die an ihren Werten festhält und Tradition und Moderne auf gute Weise verbindet.
Melitta Hengl
Vorsitzende vom Deutsch-Ungarischen Freundeskreis Metschge