Musik kennt keine Grenzen



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Kärntner Singwoche am Turnersee

An der 66. Turnersee-Singwoche konnten über den Landesrat der ungarndeutschen Chöre, Kapellen und Tanzgruppen wieder zwei Sängerfreundinnen aus Ungarn teilnehmen. Vor 66 Jahren rief Prof. Anton Anderluh die Veranstaltung ins Leben und Prof. Helmut Wulz ist seit 51 Jahren für die musikalische Leitung verantwortlich, der zugleich den A-cappella-Chor Villach betreut und für seine hervorragende Tätigkeit u. a. mit der Würde des Ehrenbürgers von Villach ausgezeichnet wurde.

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Warum ist die Turnersee-Singwoche in der malerischen Umgebung Südkärntens unweit von Slowenien etwas Besonderes?
Weil für jeden, der auf den Geschmack gekommen ist, solch eine Begegnung mit MusikerInnen, SängerInnen und TänzerInnen ein beeindruckendes Erlebnis bleibt. Das sogenannte Karl-Hönck-Heim, ein behaglicher Holzbau mitten im Wald unter Naturschutz am Ufer des mit prachtvollen Seerosen bedeckten etwa 70 Meter tiefen doch lauwarmen, kristallklaren Sees, bietet jeden Komfort zum Wohnen und Ausruhen.

Wie schon seit Jahren, wurde auch diesmal im Juli die Kärntner Singwoche am traumhaften Turnersee veranstaltet. Diesmal war es die 66. Angelegenheit, wobei sich die Sänger und Musikanten, die sich für die Kärntner Volksmusik interessieren, vom 15.-22. Juli wieder treffen durften. Der Chorleiter der Singwoche, der bekannte Volksliedforscher Helmut Wulz lädt immer gerne ungarndeutsche Sänger zu dieser Fortbildung ein. Ich durfte diesmal als Vertreter des Landesrats der ungarndeutschen Chöre, Kapellen und Tanzgruppen dorthin fahren und meine Tochter Fanni hat mich begleitet, die auch schon seit Jahren an der Pflege der ungarndeutschen Gesangkultur arbeitet.

Nach der langen Fahrt war es eine große Freude, die alten bekannten Gesichter im Karl-Hönck-Heim wieder sehen zu können. Natürlich gab es auch diesmal neue Teilnehmer, aber was mir jetzt aufgefallen ist, war die geringere Anzahl der sog. Kern-Teilnehmer. Es lag wahrscheinlich daran, dass viele ihre Urlaubszeit nicht anders organisieren konnten. Der Hauptorganisator der Singwoche, Jürgen Primus, war sehr freundlich und hilfsbereit, zu jeder Zeit konnten wir ihn mit unseren Fragen besuchen. Wir haben ein bequemes, großes Zimmer bekommen, das wir mit Sandra, einer lieben Wienerin, geteilt haben.

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Unser Tagesprogramm war diesmal ein bisschen lockerer: wir durften um eine halbe Stunde länger schlafen und hatten öfters kleinere Pausen zwischen den Chorproben. Aber auch so war es geistig eine große Herausforderung, bei den fünf Chorproben zwischen 8 und 21 Uhr aufzupassen. Höchste Anerkennung und Lob an Helmut Wulz, der die ganze Woche mit 81 Jahren noch sehr energisch mitmachen konnte.

Der Tag startet in der Singwoche mit einem fantastischen musikalischen Wecken, das von den anwesenden Sängern und Musikanten durchgeführt wird. So braucht man keinen Wecker, denn genau um 7 Uhr starten die Sänger der verschiedenen österreichischen Regionen, die Salzburger, Wiener, Kärntner am Korridor, und wecken uns mit ihrer Volksmusik. Jeden Morgen versammeln sich die Teilnehmer am Hof vor dem Heim und hören sich ein schönes Gedicht über den vergangenen Tag der Singwoche an. Danach singt man noch zwei Kärntnerlieder im romantischen Tannenwald und gleich beginnt das Frühstück. Nach einem kurzen Gebet-Gesang folgt das Essen, und um halb neun sind wir schon bei der chorischen Stimmbildung. Ich habe in dieser Woche als Chorleiterin vor allem auf diesem Gebiet sehr viel Neues gesehen und gelernt, was ich beim Einsingen bei der Chorprobe oder auch in unserer Schule in der Gesangstunde gut gebrauchen kann.

Da ich jetzt zum dritten Mal diese Singwoche besucht habe, war es für mich schon ein bisschen leichter, den echten Kärntner Dialekt auszusprechen oder zu verstehen. Ich war sehr froh, dass auch meine Tochter Fanni dabei keine Schwierigkeit hatte. Es liegt wahrscheinlich daran, dass sie die Volkslieder zu Hause im Schulchor auch in Dialekt singt.

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Unser Wochenrepertoire bestand vor allem aus Kärntnerlieder, die unser Gemischtchor vierstimmig gesungen hat. Es war für uns eine große Freude, in einem vierstimmigen Chor singen zu können, da wir in unserem Chor „Wetschescher Nachtigallen“ überwiegend zwei- oder dreistimmige ungarndeutsche Volkslieder singen. Außerdem haben wir schöne geistliche Chormusik von Helmut Schütz und Hugo Diestler, romantische Lieder von Felix Mendelssohn-Bartholdy und Cesar Bresgen gelernt. Mit der Zeit gingen uns die schönen, neuen Melodien nicht aus dem Kopf, und auch beim Schwimmen haben wir sie gerne gesungen. Die bezaubernde Gegend am Turnersee, die hohen Berge der Karawanken und die private Schwimmbahn des Heimes mitten im Wasser sind einfach unvergesslich. Wir hatten ein privates Springbrett und einen Holzsteg, wo wir unsere Ruhepause oft verbracht haben. Da Fanni sehr gut schwimmen kann, war es immer sehr entspannend, uns im kristallklaren Wasser abzukühlen oder einfach die Seerosen zu bewundern.

Einmal hatten wir auch die Möglichkeit mit unserem Freund Paul nach Völkermarkt zu fahren. Die Fahrt über der Draubrücke war ein Traum! Die ruhige mittelalterliche Kleinstadt war sehenswert und gab uns auch eine kleine Möglichkeit zum Einkaufen. Auf der Fahrt zurück zum Heim haben wir beim Klopeinersee einige Fotos der mediterranen Gegend gemacht.

Nicht nur musikalische, sondern auch sprachliche Fortbildung gab es am Turnersee. Viele neue Dialektwörter und österreichische Ausdrücke habe ich gelernt, aber auch meine Tochter Fanni hat sich sprachlich in dieser Woche sehr entwickelt. Die Kommunikationsweise wurde immer neu, da wir täglich neue Tischgesellschaft bekommen haben. Schon am zweiten Tag haben wir auch unter uns nur Deutsch geredet, was mir große Freude bereitete. Jugendliche gab es auch diesmal wenige, aber sie hat sich gut auch mit den älteren Teilnehmern verstanden.

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Nach dem feinen Abendessen folgte immer ein geselliger Abend, wo die Familien Brunners und Bruggers Kärntnermusik zum Tanzen und Mitsingen vorspielten. Hackbrett, Harfen und Harmonika gaben authentischen Klang zu den Kärntnerliedern. Es gab noch einige ältere Herren, mit denen man die traditionellen Tanzschritte der österreichischen Volkstänze, die wir auch beim Volkstanz gelernt haben, üben konnte. Einige spielten Karte, wir haben das Spiel „Schloss” ganz gut gefunden. An einem geselligen Abend musste ich erfahren, dass das Volkslied, das ich als echtes Wetschescher Volkslied bezeichnete, auch in Kärnten bekannt ist, zwar mit einer bisschen anderen Melodie. Gleich haben die Anwesenden dazu ihre 3. und 4. Stimme mitgesungen und man hatte wieder das Gefühl: unsere musikalischen, kulturellen Wurzeln sind ähnlich, die Musik kennt keine Grenzen!

Die Kärntner Singwoche endet beim Turnersee immer mit einem Schlusskonzert am Freitag, wo wir die besten Musikstücke und die gelernten Tänze dem lieben Publikum vorführen können. Aber am Donnerstag haben wir noch das sog. „ Hauskonzert”, wo die Musiker ihre Kammermusik oder ihre Solostücke zeigen können. Die Familien Brunners und Bruggers haben Kärntermusik mit Harfen und in Kleinkapellen gespielt. Ich war sehr glücklich, denn ich durfte am Klavier zwei Flötenspieler begleiten, die einen Walzer von Rossini gespielt haben. Helmut Wulz gibt uns Ungarinnen immer die Möglichkeit, dass wir am Hauskonzert und am Schlusskonzert unser Liedgut zeigen können. Wir haben mit Fanni das Lied „Wenn die Blümlein draussen zittern” gesungen und danach „Két tyúkom tavali” aus Zoltán Kodálys „Mátrai képek” vorgeführt, das von Helmut und seine Frau gerne mitgesungen wurde. Zuletzt folgte unser Klatschen: mit steigendem Tempo klatschten wir auf unseren Beinen, was dem Publikum sehr gefallen hat.

Diesmal konnten wir dazu leider nicht tanzen, weil Fanni am vorigen Tag einen Unfall hatte: sie wollte mit den Kindern am Strand Fußball spielen und ihr linker Fuss kippte um. Die Hilfsbereitschaft aller Anwesenden zeigte sich gleich, wofür ich mich nochmals bedanken möchte: eine Ärztin hat sie untersucht, die Männer haben beim Bergaufgehen geholfen und Jürgen Primus hat uns in der Nacht zum Krankenhaus nach Klagenfurt gebracht. Gott sei Dank wurde ihr Bein nicht gebrochen, aber sie hat Schiene bekommen, die sie noch zwei Wochen lang tragen musste. Trotz der großen Schmerzen hat sie an den letzten Proben und an den zwei Konzerten heldenhaft teilgenommen. Ich bin sehr stolz auf sie! Als „schmerzstillendes Arzneimittel” hat uns am Schlussabend noch mein Mann überrascht, was unsere gute Laune noch mehr gesteigert hat.

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Am Abschlussabend hatten wir ein festliches Abendessen mit „Backhähnchen und Kartoffelsalat” und gleich kamen die Jugendlichen und brachten uns zum Überraschungskonzert um Mitternacht. Da wurde ein gelerntes Lied von Bresgen „Wie schön hier zu träumen” textlich umgestaltet, sie haben noch einen Abba-Song umgeschrieben und witzig vorgespielt. Der Applaus war natürlich auch da sehr groß.

Am Tag der Heimfahrt gab es hier eine schöne Tradition: wir hörten noch ein Schlussgedicht über die Singwoche an und danach verabschiedete sich zuerst unser Chorleiter einzeln von allen Teilnehmern und schön der Reihe nach umarmten sich alle und sagten „Für di”, führe dich Gott gesund nach Hause! Wir wünschten uns ein Wiedersehen im nächsten Jahr.

Ich hoffe, dass Helmut Wulz auch an der nächsten Singwoche so energisch teilnehmen kann und diese schöne Tradition der Kärntner Singwoche noch lange gepflegt wird. Als Vertreterin der ungarndeutschen Chöre des Landesrats war mir und meiner Tochter eine Ehre unsere Gesangkultur den Kärntnern zeigen zu können und von ihnen die Kärntnerlieder erlernen zu dürfen.

Vielen Dank an Helmut Wulz für die liebe Einladung!

Mónika Fazekas-Gombár

Vizevorsitzende der Gesangsektion des Landesrates der ungarndeutschen Chöre, Kapellen und Tanzgruppen.

Bilder und Text: Mónika Fazekas-Gombár, LandesratForum-Archiv

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