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Opernsänger István Horváth
mit dem Ungarischen Verdienstkreuz in Silber ausgezeichnet
Als Anerkennung für seine vorbildliche künstlerische Tätigkeit im Bereich der Gesangkunst konnte István Horváth 2021 die hochrangige Auszeichnung entgegennehmen. Der Privatsänger der Ungarischen Staatsoper stammt aus Wemend in der Branau und lebt heute mit seiner Ehefrau, Kinga Kriszta, die ebenfalls Opernsängerin ist, und seinen Kindern, Etele (3) und Hanga (6) in Großturwall nahe Budapest. Musik und Gesang begleiteten ihn schon sein ganzes Leben. Horváth hat viele nationale und internationale Erfolge erzielt, doch seinen Wurzeln ist er stets treu geblieben. Mit ihm führte die Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen ein Interview.
Sie haben eine steile nationale und internationale Karriere. Wie begann ihre Laufbahn?
„Auf Empfehlung meiner Eltern begann ich eine Kantorenausbildung in Fünfkirchen, was bei uns eigentlich auch eine Familientradition ist, da auch mein Großvater Kantor war. Mein Vater hielt es für wichtig, dass ich für alle Fälle einen Abschluss habe. Zu jener Zeit sang ich im Wemender Sextett und spielte da auch 13 Jahre lang Gitarre. Eines meiner bedeutendsten Erlebnisse aus jener Zeit ist, als ich in das Zoltán-Kodály-Gymnasium in Fünfkirchen mit Fachrichtung Musik aufgenommen wurde, dessen Leiter Attila Kertész war. Dies war für mich damals eine völlig neue Welt, ganz anders als die, die ich von zu Hause kannte. In Wemend wuchs ich mit der Blasmusik auf, im Gymnasium lernte ich dann die klassische Musik und die Oper kennen. „Tosca“ habe ich zum Beispiel siebenmal gesehen, und ich war davon völlig fasziniert! Ein Ticket konnte ich mir zwar nicht immer leisten, aber die Platzanweiserinnen im Theater waren sehr nett und haben mich immer reingelassen, um die Vorstellung sehen zu können. Es war ein unglaublich inspirierendes Bühnenstück. Schon damals habe ich insgeheim davon geträumt, auch selber einmal da zu singen. Mein Gesangsstudium absolvierte ich an der Kunstfakultät der Universität Fünfkirchen in der Klasse von Márta Bukszár, die bis heute meine Lehrerin ist. Während meiner Studienzeit trat ich im Ensemble des Ungarischen Nationaltheaters Fünfkirchen auf und gab ich mein Debüt in der Rolle des Grafen Almaviva in Rossinis Oper „Der Barbier von Sevilla“ in Miskolc, anschließend trat ich auch in Szegedin auf. Meine Erfahrungen in den Opern auf dem Land halfen mir, 2010 ein erfolgreiches Debüt an der Ungarischen Staatsoper in Budapest zu geben und gleich Hauptrollen zu singen. Seitdem bin ich festangestellter Künstler am Opernhaus.“
An welche Ihrer Auftritte erinnern sie sich besonders gern?
„Als ich 2010 an die Oper kam, lernte ich die österreichische Agentur von Franz Tscherne kennen, die mir meine internationalen Auftritte ermöglicht. Ich stand schon auf Bühnen in der ganzen Welt: in Brasilien, Belgien, Italien, Dänemark, Japan, China, und ich nehme auch regelmäßig an den Bregenzer Festspielen in Österreich teil, wohin ich diesen Sommer bereits zum dritten Mal zurückkehren werde. Am Ufer des Bodensees steht die größte Wasserbühne der Welt, auf der vor 7.000 Zuschauern Opern aufgeführt werden. In der nahen Zukunft folgen auch andere Auftritte, im Mai 2022 werde ich Kodálys „Psalmus Hungaricus“ in Hamburgs neuem Konzertsaal, der Elbphilharmonie singen, und anschließend zwei Konzerte in Wiens weltberühmtem Musikvereinssaal geben. Eines meiner schönsten Erinnerungen aus der Vergangenheit ist von meinem Geburtstag 2011, als ich als Gastkünstler der Nationalphilharmonie unter der Leitung von Zoltán Kocsis für Papst Benedikt XVI. anlässlich des 200. Geburtstages von Ferenc Liszt singen durfte.“
Durch Ihre Wemender Herkunft sind Sie auch mit den ungarndeutschen Traditionen und der Musikkultur vertraut. Sind Sie auch in diesen Bereichen aktiv?
„Ja, ich bin buchstäblich ständig in Bewegung, jeder, der mich kennt, weiß, dass ich ein turbulentes Leben führe. Während meiner Studienzeit unterrichtete ich an Musikschulen, und vor zwei Jahren nahm ich eine Lehrstelle an der Philosophischen Fakultät der Universität Fünfkirchen an, wo ich seitdem Privatgesang unterrichte. Derzeit habe ich sieben Studenten. Dieser Beruf ist für mich sehr wichtig und ich finde viel Freude daran. In Wemend gibt es zwei ungarndeutsche Chöre, für die ich Interpretationen erstelle, einige haben wir auch auf CD-s veröffentlicht. Als Ungarndeutscher hat mich Blasmusik mein ganzes Leben lang begleitet, und ich spiele auch Orgel, Akkordeon, Klavier und Gitarre. Traditionspflege hat in unserer Familie immer schon eine wichtige Rolle gespielt. Obwohl mein Vater Ungar ist, lebt er die deutschen Traditionen und leitet die örtliche deutsche Tanzgruppe mit Herz und Seele. Mütterlicherseits stamme ich aus einer deutschen Familie, von der ich die Liebe zum Singen geerbt habe.“
Wie wird Traditionsvermittlung in Ihrer Familie verwirklicht?
„Jetzt, wo wir mit meiner Familie nach Großturwall gezogen sind, wo wir ein altes deutsches Bauernhaus gekauft haben, hoffe ich, mein deutsches Erbe in Ungarn an meine Kinder weitergeben zu können. Ich habe viel von Wemend bekommen, von den lieben Menschen, die dort leben, und auch von der ungarndeutschen Gemeinschaft. Ich denke, es ist wichtig, etwas davon weiterzugeben. Die Gemeinschaft ist das Wichtigste überhaupt, es ist unglaublich, wie viel sie einem gibt, wie sehr sie einen bereichert. Übrigens ist es eine ständige Herausforderung für uns, unsere Proben mit dem Familienleben zu vereinbaren, da auch meine Frau Opernsängerin ist, aber zum Glück helfen die Großeltern von beiden Seiten gerne, wodurch sie auch ziemlich viel Zeit mit unseren Kindern verbringen können. In Großturwall wurden wir im Kindergarten „Ein Herz für Kinder” liebevoll aufgenommen; diese Einrichtung zu nehmen war unsererseits eine bewusste Entscheidung, wir suchten nämlich einen ungarndeutschen Kindergarten. Unsere beiden Kinder sind dort gut aufgehoben, und ich habe den Kleinen sogar schon Akkordeonunterricht gegeben. Es war herrlich, all die kleinen Augen beim Klang der Musik strahlen zu sehen. Ich bekomme auch immer wieder Anfragen, Akkordeon zu unterrichten, leider habe ich nur wenig Zeit dafür, aber ich freue mich, dass es eine Nachfrage gibt. Ich möchte, dass auch meine Kinder musizieren lernen. Ich wünsche jedem, dass er ähnliche prägende Erlebnisse hat, wie ich als Kind in Wemend, als ich Gász Miska bácsi auf dem Akkordeon spielen sah. Kinder brauchen auch heute solche Erfahrungen und Vorbilder.“
Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?
„Ich setze meine professionelle Tätigkeit fort, es warten viele Auftritte auf mich. Ich werde auch im Sommer unterwegs sein. Diese vergangenen anderthalb Jahre ohne Publikum waren, denke ich, ziemlich schwierig, da wir nur über den Stream Kontakt haben konnten, sodass wir die Reaktionen des Publikums gar nicht zu sehen bekamen. Ich glaube, dass es in Zukunft eine große Herausforderung für alle Nationalitäten sein wird – nicht nur für uns, Ungarndeutsche –, das vor der Pandemie besonders lebendige kulturelle Leben zu revitalisieren. Auch mit meinem Vater habe ich mich darüber des Öfteren unterhalten: Er ist der Annahme, dass bereits dadurch eine große Veränderung im Gange ist, dass wir in vielen Bereichen nicht mehr das früher typische, echte Zusammengehörigkeitsgefühl erleben können. Es ist schwer vorherzusagen, was auf uns zukommt, ich vertraue aber auf jeden Fall auf die Kraft unserer Gemeinschaft.“