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Am 24. Oktober fand der Batschkaer Ungarndeutsche Kulturtag mit der Verleihung der diesjährigen hohen ungarndeutschen Auszeichnung der Region in Hajosch statt. Ein anderer besonderer Anlass des Festes war das 25-jährige Jubiläum des 1995 gegründeten Komitatsverbandes, das wegen der Pandemie erst dieses Jahr veranstaltet werden konnte.
Die Gastgeber, Bürgermeisterin Erzsébet Szalczer-Estók und Maria Umenhoffer-Iván, Mitglied der Hajoscher Deutschen Nationalitätenselbstverwaltung, begrüßten die zahlreich erschienenen Gäste.
Zum Auftakt des Programms spielten unter der Leitung von Johann Hahn die Neun Branauer Musikanten selbst gesammelte ungarndeutsche Musikstücke. Im restlichen Teil des Programms bekamen die Zuschauer einen weiten Einblick in die Hajoscher Traditionen. SchülerInnen der Sankt-Emmerich-Grundschule präsentierten Hajoscher Reime, Spiele, Tänze sowie Gebete, Zsófia Walter und Kinga Mayer erzählten in der örtlichen schwäbischen Mundart eine lustige Geschichte. Die Kinder wurden von Judit Bohner, Monika Beck-Manga und Elisabeth Buchmüller vorbereitet.
Die Hajoscher Knopfharmonikaspieler Stefan Huber, Franz Schön und Ladislaus Bicsérdy erfreuten das Publikum mit schönen Klängen auf ihren spezifischen Instrumenten. Der Chor der Hajoscher Kindergärtnerinnen sang unter der Leitung von Monika Beck-Manga in Hajosch gesammelte und in Mundart vorgetragene Lieder.
Als Höhepunkt des Abends verlieh Josef Manz, Vorsitzender des Verbandes der Deutschen Selbstverwaltungen des Komitats Bács-Kiskun, die Auszeichnung „Für das Ungarndeutschtum im Komitat Bács-Kiskun 2021” an Jusztina Stadler-Ruff. (Die Laudation können Sie am Ende des Artikels lesen.)
Zum Schluss des Kulturprogramms präsentierte die von Zsolt Szabó geleitete Hajoscher Volkstanzgruppe eine goldgekrönte Choreografie, begleitet auf Knopfharmonika von Stefan Czick.
Der heute 26 Mitgliedsselbstverwaltungen zählende Komitatsverband ist schon in der siebten Legislaturperiode für die Ungarndeutschen der Region tätig. Im Laufe des Nachmittags wurde eine kurze Zusammenfassung über die wichtigsten Ereignisse des vergangenen Vierteljahrhunderts vorgelesen. Daraus ist es ersichtlich, dass der Verband bestrebt ist die jüngeren Generationen für die Schätzung der Werte unserer Ahnen zu erziehen.
Das Programm wurde vom Ministerpräsidentenamt über den Bethlen-Gábor-Fondsverwalter gefördert (NKUL-KP-1-2021/1-000657)
Andrea Knoll-Bakonyi
Fotos: Enikő Várhelyi
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Laudatio
Jusztina Stadler-Ruff ist im Jahre 1964 geboren, und wuchs in Hajosch, in einem ungarndeutschen Dorf im Komitat Batsch-Kleinkumanien auf. Sie wuchs in einer schwäbisch-muttersprachlichen Umgebung auf, da ihre Großeltern und Urgroßeltern schwäbisch sprachen.
Ihre Bindung zur schwäbischen Sprache beweist unter anderem, dass sie diesen archaischen Dialekt jeden Tag bei ihrer Tätigkeit als Kindergartenpädagogin den Kindern durch Reime, Lieder, Spiele und Tänze beizubringen versucht. Sie beteiligte sich sehr aktiv auch am Sammeln von schwäbischen Wörtern, als das Hajoscher Schwäbische Wörterbuch zusammengestellt wurde. Dieses Wörterbuch kann sich inzwischen einer landesweiten Auswirkung rühmen. Im Februar 2020 ist das Deutsche Mundartwörterbuch von Moor erschienen, dessen Grundlage das Hajoscher Schwäbische Wörterbuch bildete.
Nach der Grundschule in Hajosch besuchte Frau Stadler-Ruff das Leo Frankel Deutschsprachige Gymnasium in Baje. Sie wählte diese Schule, weil sie die ungarndeutsche Kultur kennenlernen, die deutsche Sprache erlernen und benutzen wollte. Danach studierte sie in Kecskemét und ist Kindergartenpädagogin geworden. Seit mehreren Jahrzehnten arbeitet sie im Kindergarten von Hajosch, zuerst als Kindergärtnerin und seit vielen Jahren als stellvertretende Leiterin. Seitdem sie in dem Kindergarten arbeitet, versucht sie die ungarndeutsche Kultur und die Tradition den Kindern auf ihre besondere Art und Weise weiterzugeben.
Eine ihrer Herzensangelegenheiten ist der Volkstanz. Sie gründete 2008 die Kindergartentanzgruppe in Hajosch zusammen mit Monika Beck-Manga und die Grundschultanzgruppe mit Edina Mayer (neu). So konnten seit dieser Zeit viele Hajoscher Kinder die Grundlagen ihrer schwäbischen Identität durch Singen und Tanzen, durch die Tätigkeit von Frau Stadler-Ruff erwerben. Sie gehörte 2010 zu den Gründern des Hajoscher Volkstanzvereins, und war bis 2019 Mitglied des Vereinsvorstands. Der Hajoscher Traditionspflegende Schwäbische Volkstanzverein gehört zu den wichtigsten traditionspflegenden Organisationen des Komitats Batsch-Kleinkumanien, der die Tätigkeit von vorbildhaft funktionierenden Hajoscher Volkstanzgruppen unterschiedlicher Generationen bzw. einem Schwäbischen Chor koordiniert und ermöglicht. Frau Stadler-Ruff trug mit ihrer gewissenhaften und fleißigen Arbeit im Vereinsvorstand in hohem Maße dazu bei, dass die identitätsbewahrende und -stiftende Tätigkeit der schwäbischen Tanzgruppen und des Chores all die vielen Jahre hindurch mit Ausstrahlung und Vorbildcharakter für das ganze Komitat ausgeübt werden konnte.
Sie ist nicht nur in der Bewahrung von alten Bräuchen, sondern auch in der Schaffung von neuen ungarndeutschen Traditionen und Veranstaltungen aktiv. 2013 war sie Mitbegründerin des Hajoscher Tanz- und Trachttages. Dieses Fest wurde zum 50. Jubiläum der Hajoscher Volkstanzgruppe zuerst gefeiert, und seitdem wird es jährlich in Hajosch veranstaltet. Es ist inzwischen zu einer der wichtigsten ungarndeutschen Sommerveranstaltungen des Komitates geworden, an der jedes Jahr auch Gastvolkstanzgruppen oder -chöre das Lied- und Tanzgut der Ungarndeutschen vorstellen.
Neben ihrem Hauptberuf als Kindergartenpädagogin arbeitete sie anderthalb Jahrzehnte lang aktiv in der Deutschen Selbstverwaltung in Hajosch. Mit viel Hingabe und Fleiß führte sie ihre Tätigkeit aus, drängte sich nie in den Vordergrund, arbeitete mit Herz und Seele verlässlich und unermüdlich für das Weiterleben und die Interessenvertretung der schwäbischen Gemeinschaft. Zwischen 2006 und 2010 war sie Mitglied, zwischen 2010 und 2014 Vorsitzende und zwischen 2014 und 2019 Vizevorsitzende der Hajoscher Deutschen Selbstverwaltung. Sie organisierte Feste und Veranstaltungen, schrieb Bewerbungen, und nahm 2016 die Mitverantwortung in der Trägerschaft des Hajoscher Kindergartens und der Schule auf sich. Dabei war sie stets bemüht alle zu unterstützen, zu motivieren, etwas für die Ungarndeutschen zu tun, dabei ohne Neid und Streit das friedliche Miteinander- bzw. die freudebringende Zusammenarbeit zu verwirklichen. Von den fortbestehenden Ergebnissen ihrer Tätigkeit soll als Beispiel das Hajoscher Verschleppungsdenkmal erwähnt werden, bei dessen Errichtung (2016) sie aktiv und erfolgreich mitwirkte.
Sie empfing als Mitglied und Vorsitzende der Hajoscher Deutschen Selbstverwaltung viele Besucher und Gruppen in Hajosch, um das gebaute und geistige Erbe der Hajoscher Schwaben bekannt zu machen. Zugleich war sie bemüht, immer neue Kontakte, ein gut funktionierendes Netzwerk zwischen den deutschen Selbstverwaltungen des Komitates und des Landes aufzubauen, um damit die Kultur der Ungarndeutschen weiterzugeben.