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Ist es möglich die eigene Muttersprache jemals wirklich zu vergessen? Und welchen Platz nimmt für einen Einzelnen das Ungarndeutschtum im Leben ein?
Dies waren die beiden Hauptthemen des MITEINANDER: interethnisch – interkulturellen Abends am Mittwoch, dem 09.09.2015 im Haus der Ungarndeutschen.
Genauer genommen handelte es sich an dieser Veranstaltung der Reihe Zentrum-Programme im HdU um eine gemeinsame Lesung der armenischen Ethnographin und Historikerin Piroska Krajcsir-Dzsotján und des ungarndeutschen Dichters Josef Michaelis, moderiert wurde der Abend von Eva Mayer, der verantwortlichen Redakteurin der Zeitschrift Barátság.
Piroska Krajcsir-Dzsotján, die neben eigenen Publikationen auch Übersetzungen ins und aus dem Armenischen verfasst, hat uns auf die mehr als 3000 Jahre alte Kultur ihres Volkes aufmerksam gemacht und das Publikum erstmals eingeführt. Sie las aus ihren Übersetzungen der beiden armenischen Schriftsteller Gurgan Mahari und Hratschia Kotschar vor. Zuerst auf Ungarisch, dann aber auch auf Armenisch hat sie einen Auszug aus Kotschars Band „Auf der Brücke der Eufrat” auf eine sehr rührende und bewegende Art vorgeführt. Er behandelt das Thema des Wiederfundes der armenischen Sprache eines jungen Mannes, welcher nach einem 10 jährigen Aufenthalt in Istanbul wieder zurück in seine armenische Heimat kehrt. Allerdings scheint er zu Beginn seine Muttersprache vergessen zu haben, was zunächst für sehr viele Schwierigkeiten in der Familie sorgt.
Auch Josef Michaelis, welcher zudem Mitglied des Verbandes Ungarndeutscher Autoren und Künstler ist, behandelte in seinen, auf Deutsch und Ungarisch vorgetragenen Gedichten, schwerwiegende Themen. Ausführlich beschreibt er in einem seiner Gedichte, wie er sein Ungarndeutschtum definiert. In einer sehr bewegenden Strophe sagt er:
Mein Ungarndeutschtum
die Ruine auf dem Dorfhügel
und hinter ihr ein alter Holunderbusch
der jedes Jahr aufs Neue ausschlägt
wo ich oft nach Schätzen suchte
aber nie welche fand
Abwechselnd lasen beide Autoren einzelne Gedichte und Passagen aus ihren bisher erschienenen Gedichten bzw. Übersetzungen vor, zum Beispiel aus dem bedeutenden Kurzroman Kotschars „Nahapet”. Beendet wurde das Programm mit dem Vorführen einiger Bild- und Figurengedichten von Josef Michaelis.
Das deutsch-ungarisch-armenisch gemischte Publikum hörte sehr aufmerksam zu und auch die zwei Autoren hörten sich interessiert und gespannt das Werk des jeweils Anderen an. Zwischen den einzelnen Vorlesungen, und auch am Ende, wurde das Publikum in die Klänge typisch armenischer Musik eingeführt. Somit wurde der interthnisch-interkulturelle Abend mit angenehmen Unterhaltungen, ungarischem Wein und armenischem Kuchen ausgeklungen.
Fee Dorina Dutombé