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Expertin aus Deutschland stellte
in Ungarn neues pädagogisches Modell vor
„Sprechen wir eine gemeinsame Sprache!“ – mit diesem Leitgedanken lud das Ungarndeutsche Pädagogische Institut (UDPI) der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen zu seiner jüngsten Fortbildung ein. Kindergärtnerinnen, Erzieherinnen, sowie Lehrkräfte der Unterstufe haben am 15. Oktober in Fünfkirchen, und am darauffolgenden Tag in Großturwall einen Workshop mit Kerstin Buck erleben können. Die im Kinder- und Familienhaus St. Michael Passau tätige Erzieherin ist Expertin des sogenannten Early-Excellence-Ansatzes, eines pädagogischen Modells, das vor allem darauf praktische Antworten bietet, wie Eltern in die Bildungsprozesse ihrer Kinder miteinbezogen werden können, und wie Kindergärten und Schulen Familien helfen können, ihren Alltag zu meistern.
„Wir wollen ein erfolgreiches Dreieck von Bildungswesen – also Kindergarten und Schule –, Eltern und Kind ausbauen, wobei natürlich das Kind und seine Förderung im Vordergrund stehen – sowohl die sprachliche, als auch die psychische Förderung. Unser Ziel mit dieser Fortbildung war, hierzu die KollegInnen mit neuen Impulsen zu versorgen“, betonte in seinen Grußworten Josef Weigert, Leiter des Ungarndeutschen Pädagogischen Instituts am Valeria-Koch-Bildungszentrum. Da das UDPI stets kreativ und innovativ bei der Themenbestimmung seiner Fortbildungen ist, waren auch diese Veranstaltungen gut besucht. Über erfahrene Fachleute hinaus nahmen daran auch Berufseinsteiger und angehende Kindergärtnerinnen teil.
Der Early-Excellence-Ansatz – ein konsequentes Modell der Kooperation von Pädagogen und Eltern, sowie der familienorientierten Öffnung der pädagogischen Einrichtungen – ist in Ungarn bislang weniger geläufig. Weg von dem Blick auf Defiziten, mit dem Fokus auf Stärken, Kompetenzen und Bedürfnissen der Kinder und ihrer Eltern – auf dieser Grundlage basierend konzentriert sich das Modell darauf, dass sich Kinder und ihre Familien rundum unterstützt fühlen. Laut Referentin Buck reflektiere der aus England stammende EEC-Ansatz auf generelle soziale Herausforderungen unserer Zeit: „Wir haben festgestellt, dass sich die Familien verändern. Oft sind beide Elternteile berufstätig, zum Teil haben wir sehr junge, zum Teil sehr alte Eltern, aber auch sehr viele alleinerziehende. Ganz viele Familien sind zur Ausbildung oder zum Studium nach Passau gekommen, das heißt, ihre eigenen Familien sind weit weg, darum haben sie keine Unterstützung von außen. Wir haben also gemerkt, wir müssen ihnen besser zur Seite zu stehen.“
Das Kinder- und Familienhaus St. Michael in Passau glaubt an die Wirksamkeit dieses pädagogischen Modells. Um auch ungarndeutsche Kindergärtnerinnen und Lehrkräfte für das EEC-Konzept zu sensibilisieren, erzählte Expertin Buck konkrete Praxisbeispiele: „Irgendwann hat mal eine Mutter gesagt, ach Mensch, wenigstens einen Abend nur für uns! Wir haben erkannt, dass unsere Eltern, deren Familien weit weg leben, keine Babysitter haben. Seitdem bieten wir mindestens einmal im Jahr eine Übernachtung von Freitag auf Samstag für die Kinder an, damit die Eltern einen freien Abend haben. Laut EEC wollen wir also den Familien dort helfen, wo sie es brauchen.“
Um den dazu nötigen vertraulichen Kontakt zu den Familien auszubauen, bedarf es einer gemeinsamen Sprache von Eltern und Erziehern. Expertin Buck unterstrich, dass diese vor allem auf zwei Grundprinzipien beruht: Einerseits auf der Erkenntnis, dass die Eltern die Experten ihrer Kinder sind, und dass die Kinder in der Einrichtung erst dann richtig gefördert werden können, wenn auch die Erzieherinnen wissen, wie die Eltern ihre Kinder erleben. Andererseits wird auf positive Grundhaltung fokussiert: Auf die Stärken des Kindes, der Eltern, der KollegInnen und auf die eigenen Stärken. „Ich habe selbst in meiner Ausbildung gelernt, dahin zu sehen, wo die Defizite sind, was das Kind nicht kann“, so Kerstin Buck. „Wir sind der Meinung, dass man lieber erkennen soll, was das Kind gut kann, und über diese Stärken kann man auch Schwächen besser in den Griff kriegen.“
Organisiert wurde die Fortbildung mit der freundlichen Unterstützung des Ministeriums für gesellschaftliche Ressourcen.