Wir möchten mit dem Gedicht Allerseelentag des ungarndeutschen Dichters, Josef Michaelis, unserer Verstorbenen zu Allerheiligen und Allerseelen gedenken.
Allerseelentag
Den Friedhof ziert nicht Schleh allein
in Farben glänzen Brocken,
als ob kokette Herbstfeelein
den Frühling möchten locken.
Die Gräber prangen übervoll
von Blumen, Sträußen, Kränzen,
Duftwolken streichen, weich wie Woll’,
in unendlichen Grenzen.
Die Wachsgedüfte zieh’n durchs Feld,
bleich flimmern Kerzenflammen,
im Zwielicht ruht die Schollenwelt,
bewacht durch dunkle Tannen.
Die Blätter fall’n von jedem Ast,
kein Stamm wird ewig grünen,
mal werden auch als neuer Gast
für dich Feldblumen blühen.
Josef Michaelis ist 1955 in Schomberg/Somberek in der Branau geboren. Seit 1976 verfasst er literarische Werke. Zauberhut, sein erster Band, erschien 1991. Er ist Mitglied der Literatursektion des Verbandes Ungarndeutscher Autoren und Künstler. Neben zahlreichen Auszeichnungen – unter anderem dem Hauptpreis für Literatur der Donauschwäbischen Kulturstiftung des Landes Baden-Württemberg und dem Minderheitenpreis – ist er Träger der Auszeichnung Ehrennadel in Gold für das Ungarndeutschtum.
Foto: Dénes Baracs: Friedhof unter der Linde. Wemend.
Das Bild ist aus dem Blickpunkt 2015 Wettbewerb.