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Volkskundliche-ortsgeschichtliche Sammlung
in Sitsch im Entstehen
Das Sammeln vom ungarndeutschen Kulturgut ihrer Heimatgemeinde Sitsch/Bakonyszücs im Komitat Wesprim liegt der ungarndeutschen Schauspielerin und Valeria-Koch-Preisträgerin Szandra Holczinger (30) schon seit Jahren am Herzen. Gemeinsam mit dem Agraringenieur und engagierten Familienforscher Gergely Wágenhoffer (27) aus Peter/Bakonypéterd möchten sie nun eine ortsgeschichtliche Sammlung über Sitsch herausgeben um möglichst viel von den Sitscher Deutschen festzuhalten, was sonst womöglich in Vergessenheit geraten würde. Bisher wurde nach den Kenntnissen der Autoren noch keine ortsgeschichtliche Sammlung über die Gemeinde veröffentlicht – aber wie sie sagen, soll sie ja auch keine gewöhnliche Sammlung werden, sondern eine, die die ganze Dorfgemeinschaft sein eigenes nennen kann.
„Die Idee einer ortsgeschichtlichen Sammlung über mein Heimatdorf war schon lange da, jedoch lässt sich so ein großes Vorhaben am besten mit professioneller Unterstützung verwirklichen, deshalb habe ich Gergely gebeten mitzumachen. Ich kannte seine Arbeiten im Bereich Familienforschung schon von früher und wusste sofort, dass wir gut zusammenarbeiten werden können”, erklärt Szandra Holczinger. Die Schauspielerin sammelt schon seit ihrer Schulzeit alles Mögliche in Sitsch: Geschichten, Lieder und Kinderreime im Dialekt aber auch alte deutsche Volksbräuche hat sie noch dokumentieren können, die inzwischen im Ort nicht mehr bekannt sind. All ihre Diplomarbeiten schrieb sie über ihr geliebtes Heimatdorf – über die Stationen des menschlichen Lebens und über den örtlichen deutschen Liederschatz und die Musikkultur – sie verfügt aber auch über weitere Sammlungen, die sie sich im Laufe der Jahre angelegt hat. „In der Grundschule hat mich einmal meine Deutschlehrerin gebeten, mit einem Diktafon unseren deutschen Ortsdialekt aufzunehmen, so hat alles begonnen. Es war mir damals noch gar nicht bewusst, wie wichtig das war. Viele meiner damaligen Informanten sind heute leider nicht mehr unter uns. Heute kann ich mich aber auf die Erinnerungen meiner Großmutter, Gisela Scheibelhoffer (88), stützen, sie hilft uns viel, auch jetzt bei dieser Arbeit“, so Holczinger, die den volkskundlichen Teil des Bandes bearbeiten wird.
Für den historischen Teil des sich im Entstehen befindlichen Bandes ist Gergely Wágenhoffer zuständig. Der studierte Agronom beschäftigt sich leidenschaftlich gern mit Familienforschung, das mittlerweile auch zu seinem Beruf geworden ist. Er hat bereits zwei ortshistorische Bände über Dörfer Peter und Romand/Románd im Bakony-Gebirge veröffentlicht und verfügt zudem auch über ein reiches Fotoarchiv aus diesen Gemeinden. „Oral History ist sehr interessant und auch wichtig, man kann sehr viele Informationen aus den Gesprächen mit den Menschen gewinnen, denn gerade die persönlichen Erlebnisse sind es, die nicht in den Geschichtsbüchern stehen, das macht das ganze unheimlich spannend“, erklärt Wágenhoffer.
Einen wichtigen Teil des Bandes werden die Interviews mit den Einwohnern der 300-Seelen-Gemeinde ergeben, außerdem möchten die Autoren auch möglichst viele Archivfotos zusammentragen. Geplant ist ein umfassender historischer Teil – mit der Geschichte des Dorfes von den Anfängen, der Ansiedlung der Deutschen, der Auswanderungswelle der Einwohner nach Amerika, den Ereignissen der Weltkriege und deren Folgen für die Dorfgemeinschaft sowie auch weiteren Geschehnissen bis zur Gegenwart. Den linguistischen und volkskundlichen Teil machen Beschreibungen der Volksbräuche, auch anhand Erinnerungen mit Zeitzeugen, aus, wobei auch großer Wert darauf gelegt wird, dass die dialektalen Ausdrücke ebenfalls für die Nachwelt festgehalten werden. Einen Schwerpunkt des volkskundlichen Teils bildet zudem auch eine soziolinguistische Erhebung in der Dorfgemeinschaft.
Der Band richtet sich zwar in erster Linie an Sitsch und seine Bewohner, jedoch soll aus diesen beiden Teilen eine bunte Mischung entstehen, die auch im Volkskundeunterricht an ungarndeutschen Nationalitätenschulen zum Einsatz kommt, oder auch anderweitigen ungarndeutschen Forschungen als Quelle dienen kann. Die Autoren sind offen für weitere Beiträge, die sie in ihre Sammlung aufnehmen können und laden daher alle ehemaligen Sitscher dazu ein, ihre Familiengeschichten, oder auch historische Daten und ihre Erinnerungen mit ihnen zu teilen: „Es wäre für uns sehr wichtig, auch ehemalige Sitscher, egal, wo sie jetzt gerade leben, ausfindig machen zu können, und auch ihre Geschichten mitaufzunehmen. Familiengeschichten und Archivbilder aus Sitsch sind jederzeit willkommen.“
Gabriella Sós