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„Wo man singt…“
Der Liederschatz-Chor aus Pestszentlőrinc-Pestszentimre wurde im Mai 2006 von Musikfreunden des Vereins Deutschstämmiger Bürger gegründet, die sich zwar durch Herkunft, Beruf oder Privatleben unterschiedlich mit der deutschen Kultur verbunden fühlen, die aber als gebildete Bürger das Singen im Chor für eine gemeinschaftsbildende und wertvolle Tätigkeit halten. Eine weitere Gemeinsamkeit ist, dass die Kinder vieler Chormitglieder die Nationalitätenschule in Pestszentlőrinc besuchen, und sie also auch als Eltern die Pflege der deutschen Sprache, genauso wie das Singen der deutschen Lieder, für wichtig halten. Niemand von den Mitgliedern hatte eine besondere musikalische Ausbildung, sie üben also das Chorsingen als Laien aus. Bei der Gründung waren zwölf Leute dabei, heute zählt der Chor 26 Mitglieder. Seit der Gründung ist Frau Dr. Zsuzsanna Szabó-Nagy Chorleiterin der Singgruppe.
Die ersten ungarndeutschen Volkslieder, mit denen der Chor das Singen überhaupt begann, waren die Lieder, die auch von ihren Kindern in der Nationalitätenschule gesungen wurden. Ein Drittel des heute etwa 200 Lieder umfassenden Repertoires besteht weiterhin aus deutschen Volksliedern, die größtenteils in ungarndeutschen Dörfern gesammelte, teils bekannte, teils aber durch weitläufige und gründliche Forschungsarbeit der Chorleiterin neu entdeckte, schon fast völlig verschollene, kaum gesungene Lieder sind, wie zum Beispiel die der Sathmarer Schwaben. Die übrigen zwei Drittel des Repertoires beinhalten zwei-, drei- oder vierstimmige kirchliche und weltliche Chorwerke, wobei sowohl deutsche Madrigale und Motetten der Renaissance, als auch Werke berühmter und weniger bekannter deutscher Komponisten aus früheren Jahrhunderten gesungen werden.
Einen weiteren Aspekt der Chortätigkeit stellen die Partnerschaftsbeziehungen zu Bayern dar, denn in den Jahren 2008, 2010 und 2014 war der Liederschatz-Chor in drei bayerischen Städten, in Marktoberdorf, München und Roding zu Gast und gab in den Partnerstädten mehrere Konzerte. An der imposanten Musikakademie in Marktoberdorf trat der Chor auf Einladung des dort wirkenden Liederkranz-Chores auf, dieser Kontakt entstand wiederum durch Schulpartnerschaft der Nationalitätenschule ihrer Kinder. Außer den mit dem gastgebenden Chor gemeinsam gesungenen deutschen Volksliedern trug der Liederschatz-Chor schon damals, zwei Jahre nach der Gründung, mehrstimmige, schwierigere Chorwerke vor. 2010 hatte der Chor die Möglichkeit bekommen, nach Roding, in die Partnerstadt von Pestszentlőrinc-Pestszemtimre zu reisen. Die Gemeinde und die ihr 150 jähriges Jubiläum feiernde Feuerwehr veranstaltete ein großartiges Stadtfest, in dessen Rahmen auch die Sänger aus Ungarn am feierlichen Umzug mitziehen und am darauffolgenden Programm mit einem deutschen Volksliederstrauß auftreten konnten. Dank des sich ständig erweiternden Repertoires konnten viele Lieder mit dem begeisterten bayerischen Publikum gemeinsam gesungen werden. Im Juli 2014 fuhren die Sänger erneut nach Bayern und traten zunächst im bekannten Münchner Hofbräuhaus anlässlich einer feierlichen Zusammenkunft des Bayrisch-Ungarischen Freundeskreises mit ungarndeutschen Volksliedern auf, und am darauffolgenden Tag gab der Chor mit dem Vokalensemble Hubert Velten aus Roding ein Kirchenkonzert an einem bayrischen Wallfahrtsort. Die beiden Chöre trafen sich noch in demselben Jahr in Ungarn zu zwei gemeinsamen Adventskonzerten in Kirchen in Pestszentlőrinc und Pestszentimre.
Der Glauben und alles was damit zusammenhängt spielt im Leben der Deutschen und genauso auch bei den Ungarndeutschen eine sehr wichtige Rolle. Der Liederschatz-Chor ist zwar kein Kirchenchor, aber es macht seit 2010 einen Teil unserer Traditionspflege aus, dass wir nun jedes Jahr in der Sankt-Ladislaus-Kirche in Pestszentlőrinc ein Adventskonzert geben, oft gemeinsam mit eingeladenen Gastchören. In derselben Kirche feierten wir im Mai 2011 das fünfte Jubiläum der Gründung, und zumal es in den Osterfeierkreis fiel, nahmen wir auch Osterlieder ins Programm auf. Dank der zahlreichen Auftritten an kirchlichen Feierlichkeiten haben wir 2013 Einladung bekommen zum damals schon zum 17-ten Mal veranstalteten jährlich stattfindenden Fest der ungarndeutschen Kirchenmusik. Auch in den darauffolgenden Jahren durften wir an diesem großartigen Fest teilnehmen, an dem so etwa 15 deutsche Chöre aus verschiedenen Gegenden des Landes die im Voraus ausgewählten und zugeschickt bekommenen, einzeln einstudierten Kirchenlieder dann beim Fest in Gruppen von je 3-4 Chören, und danach auch ein gemeinsames Lied vortragen. Ein erhebendes und bleibendes Erlebnis ist, wenn dann 3-400 Menschen im gemeinsamen Gesang Gott loben.
2010, 2013 und 2016 nahm der Liederschatz-Chor an Qualifikationen teil, die vom Landesrat der ungarndeutschen Chöre, Kapellen und Tanzgruppen angekündigt worden waren. In der Kategorie „Mehrstimmige Werke deutscher Komponisten“ hat der Chor jedes Mal die Qualifizierungsstufe „Gold“, in der Kategorie „Ungarndeutsche Volkslieder“ 2010 die Qualifizierungsstufe „Gold mit Belobigung“, 2013 und 2016 die Stufe „Gold mit Auszeichnung“ erreicht. Damit bekam unser Chor auch die Möglichkeit, an dem Landesfestival der ungarndeutschen Chöre aufzutreten, als einziger Chor aus Budapest, zusammen mit etwa 25 weiteren deutschen Chören, die den Vorteil haben, aus ursprünglich deutschen Gegenden zu kommen, wo sie das Singen deutscher Lieder sozusagen in die Wiege mitbekommen haben. Dass wir doch unseren diesbezüglichen Nachteil überwinden konnten, ist wahrscheinlich auch unter anderem der Tatsache zu verdanken, dass wir danach trachten, seltener gesungene Lieder aus dem ungarndeutschen Liederschatz einzustudieren und diese dann in der Mundart der entsprechenden Region vorzutragen.
Mitteilung des Liederschatz-Chores
Übersetzt und ergänzt von Mária Drüszler