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Expertinnen aus München brachten
ungarischen Deutschlehrkräften pfiffige Methoden bei
Heterogenität im Klassenzimmer: eine Herausforderung für Lehrkräfte, die durchaus gewinnbringend genutzt werden kann; sprachsensibler Fachunterricht: die gezielte Berücksichtigung von sprachlichem Lernen beim fachlichen Lernen – zwei Themen, mit denen Pädagoginnen und Pädagogen der ungarndeutschen Schulen bewusst umzugehen haben. Das Ungarndeutsche Pädagogische Institut (UDPI) organisierte diesbezüglich kostenlose Fortbildungen in zwei Mittelschulen der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen – am Valeria-Koch-Schulzentrum Fünfkirchen und am Friedrich-Schiller-Gymnasium Werischwar –, und lud zwei Expertinnen des Staatsinstituts für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB) München als Referentinnen ein.
„Unterschiedlichkeiten in einer Schulklasse sind normal, Lehrkräfte pflegen aber eher die Nachteile von Heterogenität zu sehen, weil ihre Berücksichtigung für sie manchmal sehr aufwändig ist. Vielleicht kann man das auch ‘mal ein bisschen ummünzen.“ ISB-Expertin Uta Kronberger ist der Überzeugung, dass Binnendifferenzierung auch durch Kooperation stattfinden kann: „Mit Kooperation ist gemeint, dass heterogene Gruppen ein Nutznießer-System untereinander bilden: ich profitiere von meinem Partner, mein Partner von mir, weil wir beide über einen Ausschnitt an Informationen verfügen, den wir austauschen, während wir ins Gespräch miteinander kommen.“ Eine der generell einsetzbaren Methoden, die sich die Fortbildungsteilnehmer von Referentin Kronberger aneignen konnten, ist das sogenannte reziproke Lesen: „Eine Kleingruppe von Schülern liest und erarbeitet sich einen beliebigen Text, indem ein jeder eine Rolle hat. Die Rollen wandern. Das Grundprinzip dabei ist das ‚Think-Pair-Square-Share‘, also ich-du-wir-alle-Verfahren: dass ich erst alleine denke, dann denke ich mit meinem Partner, dann in der Kleingruppe, und dann tragen wir das heraus ins Plenum. So kommt jeder Schüler viel mehr zum Mitsprechen, zum Mitdenken, weil er aktiv dabei ist.“
Klassen, in denen Schülerinnen und Schüler mit ganz unterschiedlichen Lernvoraussetzungen sitzen, sind für Lehrkräfte eine alltägliche Erfahrung. Dass dazu auch der jeweilige sprachliche Hintergrund der Lernenden zählt, rückt in Deutschland in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus der didaktischen Diskussion. Nicht nur im Sprach-, auch und gerade im Fachunterricht zeigt sich die Notwendigkeit sprachbewussten Unterrichtens. Wie sprachsensibles Arbeiten im Fachunterricht aussehen kann, zeigte ihren ungarischen KollegInnen ISB-Expertin Dr. Monika Müller: „Ich werde zwei Methoden besonders hervorheben: das eine heißt Scaffolding, eine Art Baugerüst aufstellen, die andere Methode trägt den Namen Konzept Mapping, eine Art Visualisieren von Fachwortschatz, das man auf unterschiedlichsten Schwierigkeitsstufen machen kann. Die Methoden sind sehr breit angelegt, sie sind variabel, mit einem gewissen gedanklichen Fokus verbunden, mit einem gewissen Bewusstsein auf unterschiedlichste Sachverhalte zu schauen. Diese Methoden sind nicht speziell an ein Fach gebunden, sie lassen sich auf unterschiedliche Fächer, in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden, Fähigkeitsgraden anwenden. Darum können sie im deutschsprachigen Fachunterricht an den ungarndeutschen Schulen gut verwendet werden.“
Josef Weigert, der Leiter des Ungarndeutschen Pädagogischen Instituts am Valeria-Koch-Bildungszentrum ist selber Lehrer. Er wohnte allen beiden Fortbildungen bei, und ist der Meinung, dass ein Sichtwechsel in beiden Bereichen notwendig sei: „Durch alt bewährte und neu erlernte Methoden kann die Lehrkraft die Differenzierung und die Vermittlung neuer (Fach)Kenntnisse unter einen Hut bringen und die Stunde interessanter gestalten. So werden die Schüler die Gewinner durch diesen Spracherwerb sein – ohne Stress können sie viel voneinander spielerisch lernen. Mit der Verbindung von Theorie und Praxis wollten wir erreichen, dass sich die Kollegen darüber Gedanken machen und das Erlernte von nun an praktizieren.“
Die beiden Expertinnen aus München begleitete Philipp Aigner, Oberstudienrat des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus: „Wir betreuen in unserem Referat internationale, bilateralen Projekte – unter anderem auch die mit den Ungarndeutschen. Ich wollte ‘mal Gesichter und tatsächliche Aktionen kennenlernen, die hinter der Theorie, den Zahlen und Geldern stecken, die ich jeden Tag handhabe. Als ich vor zwei Jahren in diesen Bereich kam, war es für mich neu, dass es in Ungarn überhaupt eine deutsche Minderheit gibt. Jetzt bin ich beeindruckt von dem Bildungssystem, in dem zweisprachiger Unterricht von klein an kontinuierlich durchgezogen wird.“